Die Zielgerade kommt in Sicht
Sechs von neun Wochen meines Aufenthalts hier in Südafrika sind nahezu vorüber. Erlebnis reiht sich an Erlebnis. Mein Erfahrungsschatz wächst täglich. Auch hielt ich schon drei Workshops zum Thema Projektmanagement und konnte dabei mit intensiven Diskussionen über die Vorgehensweisen manches meiner Erfahrung weiter geben. Die größte Herausforderung besteht für mich darin, die Köpfe der Mensche wirklich zu erreichen und ihnen Brücken zu bauen zu eigenen Lebenserfahrungen. Die Lernkultur hier ist eine andere als ich es von zu Hause gewöhnt bin: nur wenige machen sich wirklich systematisch Notizen. Meine Dokumentationen zu den einzelnen Workshops, die ich verteile und für die ich eigens für jeden einen Ordner besorgt hatte, bringen nur ca. 50% der Teilnehmer regelmäßig mit. So dauert es bisweilen, bis ich wirklich den verständigen Blick aufblitzen sehe. Und dann freue ich mich. Neulich arbeiteten wir Kennzahlen für den Output einiger Aufgaben Lesedi la Bathos heraus. Die leuchtenden Augen meiner Workshop-Teilnehmer sind meine Erfolgskennzahl!
Mittlerweile kenne ich mich in Pretoria einigermaßen aus. Gestern am Wahlfeiertag radelte ich durch die Innenstadt. Vor den Wahllokalen hatten sich lange Schlangen gebildet, wie oben auf dem Rathausplatz zu sehen. Auch besuchte ich endlich mal den Bahnhof (s.u.), um als Bahner ein wenig Berührung mit dem hiesigen System zu bekommen. Nach allen Vorwarnungen meiner – weißen – Kollegen hier, die alle niemals die Bahn benützen, muss ich sagen, dass der Zustand ein deutlich besserer ist als erwartet.
Überhaupt ist die Sicherheitslage in Pretorias Innenstadt tagsüber nicht kritisch. Pretorias Innenstadt ist nur mittlerweile sehr fest in Händen der ohnehin sehr großen Mehrheit der Schwarzen, die anders leben als die kleine Minderheit der Weißen. Das wirkt manchmal befremdlich, weil alles viel chaotischer und schmutziger und vernachlässigter ist, aber unwohl fühle ich mich dort nicht. Die Menchen sind aufgeschlossen und neugierig, gerne zu einem Scherz aufgelegt. Freundlichkeit hilft auch hier, ganz schnell Abstände zu überwinden. Ich fühle mich in dieser Verhaltenseise sehr bestärkt!
Es gibt allerdings Gegenden in Pretoria und Umgebung, die ich besser nicht aufsuche, aber dorthin zieht mich auch nichts. Vom Auto aus habe ich da so manchen erschütternden Zustand gesehen bis hin zu Straßenschildern, die vor Überfällen warnen.
Die Wochenenden nutze ich gerne und fast immer zu Ausflügen in die nähere und weitere Umgebung. Am liebsten suche ich Parks mit Wildtieren auf. Daran kann ich mich nicht satt freuen.
Diese Pausen brauche ich auch, um meine Gedanken und Eindrücke zu sortieren. Immer noch regen mich manche Erlebnisse sehr zum Nachdenken an. Auch die langen Autofahrten zu den Zielen eignen sich bestens für solch gedankliche Sortierarbeiten.
Das sich zunehmend heraus bildende Kaleidoskop-Bild aus den strukturellen Bausteinen des Masterplans, aus den Aktivitäten und den Möglichkeiten wie auch den Notwendigkeiten der Veränderung und des Wachstums von Lesedi la Batho beschäftigt mich zunehmend intensiv. Ja, die Zielgerade kommt schon in Sicht, auf der ich dann alles zusammen schreiben und in die in sich schlüssige Form bringen werde.
Das Bild unten zeigt Chrisna, Loren und mich auf dem Empfang der schwedischen Botschaft anlässlich des 20. Jahrstages der freien Demokratie in Südafrika und der diesen Prozess fördernden Zusammenarbeit zwischen Schweden und Südafrika. Hintergrund: Eine schwedische Einrichtung gehört zu den Sponsoren Lesedi la Bathos.
Es gibt also viele Gründe, diese meine Auszeit als einmalig zu bezeichnen und weiterhin intensiv zu genießen!