Mein Arbeitsplatz in Tanzania
Anne ist als Volunteer Expert für 2 Monate im Projekt Fadhili Teens in Mwanza / Tanzania.
Auf den ersten Blick sieht mein Arbeitsplatz nicht so viel anders aus als in Deutschland und doch ist der Arbeitsalltag hier ein völlig anderer.
- Mein Tag richtet sich nicht nach meinem Outlook Kalender.
Termine geschehen hier eher auf Zuruf und Zeitangaben sind als grobe Anhaltspunkte zu verstehen - Äußere Einflüsse nimmt man mit großer Gelassenheit hin: Stromausfall, Wartezeit an der Fähre, Straßensperrungen, starker Regen, der verhindert, dass man zu den Familienbesuchen kann
- Die Strukturen auch in unserem kleinen Unternehmen sind noch sehr hierarchisch
- Tempo: Input mit Bedacht einbringen, einen Impuls geben, ihn wieder aufgreifen und dann abwarten.
- Was genau so ist wie in Deutschland: ich habe tolle Kollegen, die mit ihrem Herzen bei der Arbeit sind und wir lachen viel miteinander!
Aber ich verbringe ja auch nur einen kleineren Teil meiner Arbeit am Schreibtisch.
An den anderen Tagen begleite ich meine Kollegen– „out into the field“, wie man hier so schön sagt. Das heißt, wir besuchen zum einen die Familien der Kinder mit Behinderung, die von unserem Programm unterstützt werden und zum anderen betreuen wir einen Girls Club an einer Sekundarschule sowie eine Gruppe junger Frauen in einem Dorf. Die „fieldwork“ ist für mich völlig ungewohnt und mitunter herausfordernd. Der Einblick in die Lebensrealitäten, die sich so unvorstellbar von meiner eigenen in Deutschland unterscheiden. Weite Fahrten zu den Familien draußen auf dem Land. Lehmhütten ohne Strom und Wasser fernab von Infrastruktur und Krankenhaus. Großmütter, selber gebrechlich und fast blind, die ihre Enkelkinder betreuen, weil die Mütter fernab einem Broterwerb nachgehen und die Männer verschwunden sind.
Zu unseren Girls Groups reisen wir mit dala dala (Minibus), Fähre und dann dem boda boda (Motorradtaxi). Eine Fahrt dauert ca. 2 Stunden. Dort versuche ich gerade, mit der Kollegin neue Dinge auszuprobieren, z.B. ein HIV Quiz, Gruppenspiele und Integration von Bewegung. Die Mädchen sollen im Girls Club eine gute Zeit haben, lachen können und spielerisch lernen, da der sonstige Schulalltag ja im Wesentlichen aus Frontalunterricht und dem Wiederholen dessen, was der Lehrer vorträgt, besteht.
Nach diesen Tagen draußen im Feld bin ich erschöpft und überwältigt. Ich bin beeindruckt zu sehen, wie die Hilfe ankommt mitunter aber auch traurig, frustriert und wütend, weil es eigentlich nie genug ist. Es ist schwer auszuhalten, dass wir eben nur einen Teil beitragen und nicht alle Probleme lösen können.
Ich bin sehr dankbar für diese Einblicke, dafür, einen anderen Arbeitsalltag und eine andere Unternehmenskultur kennenlernen zu dürfen. Es gibt mir die Gelegenheit zu reflektieren, was mir persönlich in meiner Arbeit wichtig ist, was ich hier vermisse und was ich vielleicht auch mitnehme von hier für die Zeit nach meiner Rückkehr.