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Mein Leben in zwei Welten – Teil 2

Einige Wochen später, viele Eindrücke, Arbeiten und Erkenntnisse später, möchte ich gerne versuchen, Euch an meinem „Leben in zwei Welten“ teilhaben zu lassen. Bei Lesedi la Batho hat die Arbeit an vielen verschiedenen Ebenen für mich begonnen. Im Moment lebt die Hilfsorganisation von wenigen großen Spenden aus Fördertöpfen, Hilfsprogammen oder Organisationsspenden. Grundsätzlich gibt es daran nichts auszusetzen – es führt allerdings dazu, dass zum einen nur detailliert beschriebene Projekte (und die dazugehörigen Personen) gesponsert werden und zum anderen auch, dass durch den Wegfall eines „Spenders“ ein riesiges Loch entsteht. Daher habe ich angeregt, die Privatspenden  (insbesonders monatliche) aus- bzw. aufzubauen.

Und daran arbeitet Lesedi jetzt mitunter. So sind die Tage in der Community mit Konzept und Ideen für neue Marketingaktivitäten geprägt. Es wird gerade an einer ganz neuen Website gearbeitet, die Strategie, die Inhalte und Zyklen des Quartalsnewsletters werden überdacht/geändert, Flyer und andere Marketingmaterialien auf Vordermann gebracht. Und auch dank Unterstützung von Freuden aus Deutschland werden die „nötigen Grafikdateien “ upgedatet und für alle relevanten Personen zentral verwaltet. Ja, da ist noch einiges an Arbeit zu tun, was aber bei Mary (der verantwortlichen Person für Marketing) in guten Händen liegt. Sie frägt mich wissbegierig aus, brainstormt mit mir und hat selbst auch neue und gute Ideen, die es zu verwirklichen gilt. Ich hoffe, in meinen letzten zwei Wochen hier noch viel Wissen, Know how und Ideen hinterlassen zu können.

Sicher ist auf jeden Fall, dass noch viel „praktische“ Arbeit vor ihnen liegt. Aber mein Augenmerk liegt mehr auf den Know how Transfer. Gerade im Marketing ist ein klar definiertes Ziel essenziell wichtig und die tatsächliche Erstellung eines Flyers nur das Resultat. Und genau dies versuche ich täglich zu transportieren.

Aber auch außerhalb von Lesedi la Batho gibt es einiges für mich zu tun. Schließlich musste auch das Land erkundet werden. Daher habe mich auch recht schnell an die Recherche gemacht, wie ich meine Freizeit verbringen kann. Die ersten Wochenenden habe ich Sonntags mit einer Gruppe von Meetup beim Wandern verbracht. So konnte ich doch einige Hiking-Trails in und um Gauteng kennenlernen. Sowohl von Leuten, als auch von der Landschaft eine neue Erfahrung für mich,  interessant und aufschlussreich. Leider sind die meisten „hikes“ eher Spaziergänge für einen Voralpenlandbewohner. Die Wanderungen sind in der Regel über 200 bis 450 Höhenmeter und es werden mehr Kilometer als Höhenmeter absolviert. Auch einmal schön, aber nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. 

Nachdem ich dann hörte, dass über Ostern Lesedi eine Woche Osterferien hat, stand mein Plan schnell fest. Ich habe schön öfters von dem Wander- und Naturparadies La Reunion gehört. Dies befindet sich oberhalb von Mauritius und ist ein französisches Übersee Departement. 

Aber das sollte nicht das einzige Weltkulturgebiet werden, das ich in Afrika ansehen würde. Daher ging es erst einmal für ein Wochenende nach Zimbabwe, um die Victoria Falls anzusehen. Zimbabwe war einst ein Vorzeigestaat in Afrika, aber leider hat der ehemalige Präsident Mugabe das Land in den Ruin getrieben. Auch in Mabopane sind viele Flüchtlinge aus Zimbabwe. Für uns nicht vorstellbar, dass Menschen ihre Heimat verlassen, um in einem anderen dritten Weltstaat in Slums zu leben. Das lässt erahnen, wie groß die Verzweiflung und Armut in deren Land sein muss. Der Zustand des Landes ist alleine schon am Flughafen bei der Einreise zu erahnen. Wirklich schlimm, was ein Mensch mit Korruption, Unterschlagung und Vetternwirtschaft so alles anstellen kann. Dennoch erwarten einen unfassbar freundliche und aufgeschlossene Menschen. Sicherlich ist der Ort Victoria Falls nicht repräsentativ für das Land, da es den Menschen hier durch den Tourismus verhältnismäßig gut geht. Dennoch ist hier alles viel einfacher und man sieht die Armut an allen Ecken. Mittlerweile gibt es wieder eine eigene Währung im Land namens „Bond“, die aber nur für Einheimische am Geldautomaten zu haben ist. Als Tourist musst du Dollar und Kreditkarte im Gepäck haben. Im Land kommt man auf regulärem Weg (Bank, Wechselstuben usw.) an kein Geld. 

Aber die Victoria Falls sind einfach unfassbar, man sollte sie auf jeden Fall gesehen haben. Es ist wirklich schwierig zu beschreiben, wie toll und auch etwas magisch dieser Ort ist, das muss wohl jeder selbst erleben.

Zwischen meinem Wochenendtrip und Osterurlaub lagen zwei Wochen, in denen intensiv an Website und Vorbereitung für die Career Expo gearbeitet wurde. Das Konzept für die Homepage wurde gefixt und auch amerikanische Volunteers, die an der Universität von Pretoria ein Semester studieren, haben sich bereit erklärt, einen Teil der Seite zu erarbeiten. Mit großer Vorfreude und Spannung ging es dann über Ostern auf die tropische Insel. Mit einer fünf-tägigen Wanderung, die über 7000 Höhenmeter und 64KM lang durch das Mafate-Gebiet ging, habe ich meine Osterferien verbracht – unfassbar schön und verständlich, dass dies zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde. Ich habe vor dieser Wanderung noch nie eine solche Vielfalt an Fauna und Flora erlebt. Obwohl ich lediglich durch das Mafate-Gebiet gewandert bin und zwei der insgesamt fünf Gebiete kurz gestriffen habe, war von tropischen Obstbäumen bis zu Nadelwäldern alles dabei. Traumblicke und vor allem bestes Wanderwetter.

Zum Abschluss wurden noch drei Tage Erholung am Traumstrand eingelegt. Aber das Erlebte beschreiben die Bilder besser.

Jetzt ist nur noch die Frage offen, wie es zu dem Titel des Blogs kam? Tja, Südafrika ist für mich ein extrem schönes Land mit netten und aufgeschlossenen Menschen. Aber das Leben hier ist schwer zu beschreiben und hat so viele Facetten, die kein klares Bild zeichnen. Der Unterschied zwischen Reich und Arm, Rassismus gegenüber Schwarzen, aber auch Weißen. Essen wie in einer Metropole eines Erste-Welt-Landes, während man von jemandem in Fetzen beäugt wird. Dies sind nur einige von vielen Beispielen, die einem auf einer Urlaubsreise nicht unbedingt auffallen – aber in einem dreimonatigen Sabbatical einer nicht touristischen Stadt ist dieser Kontrast täglich zu sehen. Ich selbst kann und will mir auch hierzu kein Urteil abgeben, da es kein Richtig oder Falsch gibt. Die Wahrheit liegt wohl immer im Auge des Betrachters. Ich für meinen Teil nehme viele Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse und Erkenntnisse mit nachhause. Ich weiß mittlerweile wieder vieles, das in Deutschland selbstverständlich ist, mehr zu schätzen – stehe aber wohl auch kritischer unserem selbstverständlichen gegenüber. 

Das Resumè meines Sabbaticals ist auf jeden Fall durchwegs positiv. Ich möchte keine Minute meiner Zeit missen und ich weiß eines mit Gewissheit: Es hat mir sehr geholfen, einen unbequemen, unbekannten Schritt zu gehen, um mich und mein Leben noch mehr zu schätzen.

Danke Lesedi, Danke an meine Frau, Danke an Manager für Menschen und Rays of Hope für diese Lebenserfahrung! 

Once a Lesedi – always a Lesedi!

Südafrika – mein Leben in zwei Welten

Meine ersten Wochen – Teil 1

Seit Jahren gehe ich Tag für Tag meiner Arbeit nach und im selben Trott Woche für Woche zieht es an mir vorbei. Ein „soziales Engagement“ hatte ich dabei immer im Hinterkopf, aber niemals in die Tat umgesetzt. Als ich von dem  Social Responsibility Programm meines Arbeitgebers gehört habe, dachte ich mir „wenn nicht jetzt, wann dann?“. Und nachdem es meist am ersten Schritt scheitert, habe ich mich umgehend an die Recherche gemacht. Ich bin ziemlich schnell auf eine Seite für humanitäre Hilfe gestoßen, die (älteren) „professionals“ kein klassisches Volunteerprogramm anbietet, sondern deren Intention es ist, die Kenntnisse und Fähigkeiten an andere/NGOs weiterzugeben. Ich fand diesen Gedanken sehr ansprechend und sah vor allem auch für mich eine Chance, mein erlerntes Wissen fernab von dem Profitgedanken einzusetzen. 

Aber vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen. Mein Name ist Tobias und ich lebe in München. Mittlerweile 45 Jahre alt und seit 19 Jahren im Bereich Marketing tätig. Seit nun über 5 Jahren bin ich für ein internationales Telekommunikationsunternehmen tätig und seit mehreren Jahren glücklich verheiratet.

Ich denke, mit dieser kurzen Beschreibung meiner Person kann sich jeder vorstellen, welche Gedanken einen umtreiben. Bin ich nicht zu alt? Komme ich dort zurecht? Kann ich hier einmal alles stehen und liegen lassen? Was sagt meine Frau dazu? Aber ich habe mir gesagt „keine Gründe es nicht jetzt zu tun!“ Und so habe ich Kontakt mit „Manager für Menschen“ aufgenommen und mit Elke über verschiedene Optionen gesprochen. Einige der Möglichkeiten waren auch in Südafrika. Nachdem ich selbst schon einmal beruflich und auch für die Hochzeitsreise das Land bereist habe und ich extrem angetan war, nahm ich das auch gleich als Zeichen für „das ist es“!

Um das ganze aber etwas abzukürzen: Nach einigen Skype-Terminen, Gesprächen mit meiner Frau und Freigabenrunden meines Arbeitgebers stand mein Projekt und Ziel fest. So bin ich jetzt für Rays of Hope in Pretoria, um dort die Hilfsorganisation Lesedi la Batho zu unterstützen. 

Lesedi la Batho (LLB) bedeutet übersetzt „Licht für die Menschen“ und ist seit 2004 als ein Projekt der Organisation SA Cares und seit 2011 eigenständig tätig. Es hilft bedürftigen Bewohnern des Townships Mabopane in vielen Lebensbereichen. Hierzu zählen Bildung (Hygiene, Computerkurse, Sozialverhalten etc.), Berufsausbildung (Bäckerei, Näherei, Kindergarten etc.), Beratung bei Existenzgründung, Sportförderung, psychologische Unterstützung sowie Kinderbetreuung für berufstätige Mütter. Aber auch Hilfe für HIV erkrankte Menschen und Prosituierten gehören zu dem Aufgabengebiet. Wie auch Aufklärung und Hilfe für Schüler der umliegenden Primary- und Highschools. Ein wirklich breites Feld, das es erst einmal zu verstehen und zu begreifen gilt. 

Nach einem zwei wöchigen Urlaub mit meiner Frau habe ich dann auch meine Arbeit bei LBB angetreten. Das Office befindet sich direkt in Pretoria. Die Community befindet sich ca. 40 Minuten außerhalb von Pretoria. So war die erste Herausforderung für mich, die Arbeiten der Community zu verstehen und auch etwas mehr Einblick in das tatsächliche, hilfebedürftige Südafrika zu bekommen. Bis dato kannte ich eigentlich nur die Postkartenmotive von Südafrika und das Leben der Weißen – und in meinen Augen auch oftmals extrem Reichen. Aber dieses Südafrika steht nur für eine geringe Bevölkerungsschicht und der Großteil der Einwohner lebt auch heute noch am Existenzminimum mit keiner oder nur geringer Schulbildung, und die Gewalt ist außerhalb der Villen und „Weißenviertel“ allgegenwärtig. 

Nach 14 Tagen hatte ich dann einigermaßen einen Eindruck von der Arbeit, den Umständen, aber auch von den Problemen und „liegengelassenem“ Potential.

Meine „Arbeit“ anfänglich war es, alles aufzusaugen und mir unvoreingenommen ein Bild zu machen. Der erste Eindruck war wirklich sehr positiv und vor allem wurde ich überall herzlich aufgenommen. Aber dennoch ist man erstmals über die Umstände und die zur Verfügung stehende Ausstattung verwundert. Aus Deutschland kommend, haben wir mittlerweile eine übertriebene Anforderung an Hygiene, Ausstattung von Büro- und Schulräumen und Equipment, das man zur Arbeit erwartet. Hier ist es doch deutlich einfacher und dennoch wird auf Reinheit und Ordnung geachtet. 

Eines der Probleme ist für mich die notorische Unterbesetzung gerade im Office von Lesedi. Was natürlich bedeutet, dass wenig „Headcosts“ entstehen und jeden Sponsor freut, aber auch dazu führt, dass immer nur die aktuell anstehenden Arbeiten und Probleme gelöst werden. Unter solchen Umständen, und teilweise mit dem fehlenden fachlichen Wissen, bleiben Prozesse, Ideen, Strategien und eine klare Linie auf der Strecke. Auch für mich waren daher die ersten Wochen bzw. Monat von „troubleshooting“ geprägt. So habe ich an einem Tag geholfen, die Excelsheets für Reporting upzudaten, mit Herstellern korrespondiert, um defekte Nähmaschinen reparieren zu lassen und für die im Mai anstehende Career Expo Aussteller zu akquirieren. Sicherlich sind das Arbeiten, die verrichtet werden müssen, aber in meinen Augen kann dies nicht alles gewesen sein. Nach nun mehr als fünf Wochen habe ich doch einige Vorstellung und ich denke, auch für das Projekt förderliche Ideen, die auf jeden Fall noch angegangen werden sollten. 

Wie es bei Lesedi weiterging, was ich neben der Arbeit sonst so erlebt habe, welche Behördenprobleme ich erlebt habe und wie es zu dem Blog-Titel kommt, werde ich in meinem nächsten Post verraten.